Ungefähr 0,5-1% der Kinder in Deutschland leiden an einer Erdnussallergie. Es ist anzunehmen, dass die Zahl der erkrankten Kinder in den nächsten Jahren mit zunehmendem Genuss von Erdnüssen in unserer Gesellschaft steigt. Dies wurde im letzten Jahrzehnt schon in ähnlicher Weise in den USA oder England beobachtet, wo mittlerweile ca. 2% der Kinder unter einer Erdnussallergie leiden.

 

Häufigkeit der Erdnussallergie

Allergische Reaktionen auf Nahrungsmittel können sehr unterschiedlich ausfallen. So kann es zu milden bis mäßiggradigen Symptomen wie Bauchschmerzen, Erbrechen, Durchfall , Nesselsucht mit Quaddeln (Urtikaria), Lippen- oder Lidschwellungen oder Heuschnupfen kommen. Es können aber auch schwere allergische (=anaphylaktische) Reaktionen wie z.B. Atemnot, asthmatische Beschwerden oder ein Kreislauf-Schock auftreten. Charakteristisch für die Erdnussallergie ist, dass es nach versehentlichem Genuss von auch nur kleinsten Mengen von Erdnuss zu schweren Symptomen kommen kann. Besonders Jugendliche und junge Erwachsene mit Asthma bronchiale zählen zu der Risikogruppe, die eine schwere Anaphylaxie mit z. T. tödlichen Reaktionen aufgrund einer Erdnussallergie erleiden.


Erdnüsse kommen nicht nur in normaler Nussform sondern auch in vielen Speisen versteckt vor. So ist es oft schwierig, eine absolut Erdnuss-freie Diät im täglichen Leben einzuhalten, selbst wenn dies von dem Kind und den Eltern ganz konsequent versucht wird. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass ein Erdnuss-allergisches Kind im Laufe seiner Kindheit mehrere Episoden erleidet, wo es versehendlich Erdnuss zu sich nimmt und darauf anschließend eine allergische Reaktion zeigt. Jeder Kindergeburtstag, Schul- oder Kindergartenausflug, Restaurantbesuch oder Essen in „fremder Umgebung“, bedeutet ein Risiko für das Erdnuss-allergische Kind, so dass die Lebensqualität nicht nur vom Kind, sondern auch von der ganzen Familie deutlich eingeschränkt ist.

Eine korrekte Diagnose dieser Erkrankung ist somit wichtig.

Symptome

Die Diagnosestellung einer Erdnussallergie beinhaltet unterschiedliche Bausteine, wie die allergische Vorgeschichte, der Nachweis von Erdnuss-spezifischen IgE-Allergie-Antikörpern (= Erdnuss-Sensibilisierung) und meist auch eine orale Provokation. Wenn die Vorgeschichte des Kindes eine deutliche allergische Reaktion aufzeigt, die eindeutig auf den Genuss von Erdnuss zurückgeführt werden kann und wenn gleichzeitig eine eindeutige Erdnuss-Sensibilisierung vorliegt, scheint die Diagnose sicher genug. Meist ist aber die Vorgeschichte nicht ganz eindeutig.


Auch eine nachgewiesene Erdnusssensibilisierung - entweder durch Nachweis von spezifischen IgE- Antikörpern im Blut oder durch einen positiven Haut Prick-Test - macht die Diagnose einer Erdnuss-Allergie nicht völlig eindeutig. So weisen z.B. 10% der Kinder in Deutschland eine Erdnuss-Sensibilisierung auf, aber nur 0,5-1% leiden unter einer Erdnussallergie. Nicht jeder Patient mit einer Erdnuss-Sensibilisierung leidet somit unter einer „echten“ Allergie. Deshalb stellt eine orale Provokation den „goldenen, medizinischen Standard“ dar, die Diagnose einer Erdnussallergie zu sichern. Da Erdnuss ein hochpotentes Allergen darstellt, wird die orale Provokation immer unter stationären Bedingungen, in erfahrenen Zentren durchgeführt. Jeder Patient erhält dafür einen intravenösen Zugang, damit eventuell benötigte Medikamente schnell und problemlos verabreicht werden können.

Diagnosestellung

Am Anfang wird nur ein kleiner Krümel Erdnuss (z.B. 12mg Erdnuss) dem zu testenden Kind in z. B. einem Löffel Apfelmus verabreicht. Dann wird das Kind ca. 30 Minuten beobachtet, ob es allergische Reaktionen aufweist. Wenn nicht, wird die Dosis alle   ½ Stunde in kleinen Schritten unter Beobachtung erhöht. Wenn das Kind bis zur höchsten Dosis keinerlei allergische Reaktionen aufweist, hat es z.B. ca. 35 Erdnüsse vertragen und ist somit nicht allergisch. Wenn es aber zu irgendeinem Zeitpunkt unter der Provokation allergisch reagiert, wird die Provokation abgebrochen und falls erforderlich, Medikamente verabreicht. Der Patient hat dann eine nachgewiesene Erdnussallergie.


Viele Kinder, aber auch Eltern fürchten sich vor der Provokationstestung. Sie stellt aber unter diesen Bedingungen ein sehr sicheres Testverfahren dar. Nach allergischer Reaktion bei oraler Provokation geben Eltern als auch Kinder sogar an, dass die Durchführung der Testung ihnen geholfen hat, Klarheit und Sicherheit über das Krankheitsbild und mögliche Reaktionen bekommen zu haben.

Ablauf der oralen Provokation

Es gibt bislang keine ursächliche, heilende Therapie für Erdnussallergiker. Durch eine strikte Vermeidung des auslösenden Allergens (auch Spuren von Erdnuss) sollen allergische Reaktionen weitestgehend verhindert werden. Dies ist nicht einfach. Erdnuss kommt versteckt in vielen Speisen vor. Die Erdnuss-freie Diät bedeutet eine arbeitsintensive Recherche. Bei jedem einzelnem Nahrungsmittel muss vor dem Gebrauch ausgeschlossen werden, dass es Spuren von Erdnüssen enthält, um somit einer lebensbedrohlichen Reaktion, die bereits auf kleinste Mengen der Erdnuss möglich ist, vorzubeugen.

Somit benötigen Eltern/Kinder eine genaue Beratung von geschulten Ernährungsfachkräften. (siehe auch Erdnuss-freie Diät)


Da es aber immer wieder zu versehendlicher Aufnahme von Erdnuss kommt, benötigt jedes Kind mit gesicherter Erdnussallergie ein Notfallset, welches es immer mit sich führen sollte, um bei allergischen Reaktionen rechtzeitig durch andere oder durch sich selbst therapiert werden zu können.


Dieses Notfallset beinhaltet:

  1. 1.einen Adrenalin-Autoinjektor zur intramuskulären Verabreichung von Adrenalin.

  2. 2.eventuell ein Asthma-Notfallspray mit vom Alter des Kindes         abhängiger, kindgerechter Inhalationshilfe.

  3. 3.ein Antihistaminikum als Tropfen- oder Tablettenform.

  4. 4.ein Kortisonpräparat als Zäpfchen-, Saft- oder Tablettenform.


Des Weiteren benötigen die Kinder/Eltern, aber auch andere Kindesbetreuer eine genaue Anweisung, bei welchen Symptomen die Kinder diese Notfallmedikamente erhalten sollten. Hierfür bietet die bea Stiftung zur Behandlung von Erdnussallergien eine kostenlose Schulung von Kindergärten und Schulen in Berlin an.

  1. s.Anaphylaxie-Schulung)


Zudem kann der Anaphylaxie-Pass, der unter Mitarbeit der führenden allergologischen Fachgesellschaften (GPA, DGAKI, ÄDA und DAAB) entwickelt wurde, verwendet werden.

(siehe www.pina-infoline.de oder www.daab.de)

Therapie

Da die genannten Behandlungsmaßnahmen nur passive Maßnahmen sind, wird seit einigen Jahren von amerikanischen und europäischen Forschergruppen nach einer aktiven, möglichst heilenden Therapie für Erdnussallergiker gesucht. So wird z.B. der Einsatz von blockierenden Anti-IgE Antikörpern, welcher alle vier Wochen gespritzt werden müssen, oder die Einnahme von chinesischen Heilkräutern momentan in Pilotstudien untersucht. Die Hoffnung der Zukunft dürfte aber in der Entwicklung wirksamer, ursächlicher, spezifischer Hyposensibilisierungs-Behandlungen liegen. Vor ca. 10 Jahren wurde eine systemische, subkutane Immuntherapie („Spritzen-Hyposensibilisierungs-therapie“) bei Erdnussallergikern in einer kleinen Studie angewandt, aber wegen erheblicher Nebenwirkungen nicht weiter verfolgt.


In jüngster Zeit konnte in einer Pilotstudie durch unsere Gruppe an der Charité gezeigt werden, dass eine orale Immuntherapie möglicherweise eine wirksame Therapie für einen Teil der Erdnuss-allergischen Kinder darstellen könnte. Um die Wirksamkeit, aber auch die Nebenwirkungsrate genauer zu untersuchen, wird gerade eine randomisierte, Placebo-kontrollierte Studien mit einer größeren Patientenzahl in der Charité durchgeführt, die von der bea-Stiftung zur Behandlung von Erdnussallergien teilfinanziert wird.

(s. aktuelle Projekte)


Bis die Ergebnisse der Studie ausgewertet vorliegen, ist diese Therapie keine Option und sollte nicht außerhalb von Studien ausprobiert werden.

Innovative, experimentelle Therapiemöglichkeiten

Die Prognose der Erdnussallergie ist schlechter als dies bei anderen Nahrungsmittelallergien im Kindesalter (z.B. der Kuhmilch- oder Hühnereiallergie) der Fall ist.


Nur ca. 20 % der Kinder mit Erdnussallergie entwickeln im Laufe der Jahre eine spontane Toleranz. Bei Allergien gegen Kuhmilch oder Hühnerei kommt dies dagegen mit etwa 80% viel häufiger vor. Dennoch sollten Patienten, die Jahre lang keine allergischen Symptome auf Erdnuss aufgewiesen haben nach einigen Jahren eine erneute Provokation erhalten, um eine eventuell einsetzende spontane Toleranz zu erfassen.

Prognose

In der letzten Zeit werden Strategien zur Prävention einer Erdnussallergie genauer erforscht. Diese Ansätze zur Prävention hängen stark mit der Ursachenforschung zusammen, die sich insbesondere mit dem Grund der Zunahme der Erdnussallergie in den westlichen Ländern beschäftigt. Eine These ist, dass der verspätete erstmalige Genuss/Kontakt zu Erdnuss im Kleinkindesalter in der westlichen Gesellschaft eventuell zu spät erfolgt. Hierfür spricht, dass in afrikanischen, asiatischen Ländern und auch im Nahen Osten der Konsum von Erdnüssen bereits im Säuglingsalter verbreitet ist. In diesen Regionen ist die Erdnussallergie allerdings fast unbekannt.


Momentan wird die frühe Einfuhr von Erdnussallergen im Säuglingsalter als Präventionsmaßnahme gegen die Erdnussallergie in einer großen Studie in England untersucht.

Prävention

Erdnussallergie